Konferenz der Bundes- und Landtagsfraktionen der Linkspartei Hessen
Inklusion mit LINKS – Eine gute Schule für alle
im Hessischen Landtag, 2./3. November 2012
Bericht von Wolfgang Christian
Mit drei Teilnehmern war des Offenbacher Netzwerk in Wiesbaden vertreten: Dorothea Terpitz (IGEL), Fiona Merfert (Stadtverordnete) und Wolfgang Christian (Linke, GEW) waren sich am Ende einig, viel aus der Tagung mitnehmen zu können, aber auch selbst zu deren Erfolg beigetragen zu haben.
Alle Vorträge und Foren drehen sich um die Absicht, Schulen, Politik und Behörden dazu zu bewegen, die Behindertenrechtskonvention der UN und die Hessische Gesetzeslage zur Inklusion zu verwirklichen. Zwar ist die Umsetzung bereits im Gange, aber die Rahmenbedingungen sind in der Regel weder für die Schüler-, noch für die Eltern-, noch für die Lehrerschaft akzeptabel. Einerseits schreibt das Hessische Schulgesetz die Inklusion von behinderten Kindern und Jugendlichen unter dem Vorbehalt der personellen und sächlichen Ressourcen vor, aber nach der bisherigen Praxis wird „inkludiert“ ohne diese Voraussetzungen, insbesondere der personellen. Denn es kann schlicht nicht verantwortet werden, dass – wie die bisherige Erfahrung zeigt – behinderte Kinder mit nur etwa 4 Stunden pro Woche von ausgebildeten Förderlehrkräften betreut werden, während sie in den übrigen Wochenstunden den Unterricht in der Klasse der Nichtbehinderten zum großen Teil ohne besondere Hilfen mitmachen. Das ist kein Fort-, sondern ein Rückschritt im Blick auf den bisher in Grundschulen praktizierten „Gemeinsamen Unterricht“, der mit gemeinsam arbeitenden Grund- und Förderlehrern, also doppelt besetzt ist.
„Wie schaffen wir es als Basisbewegungen, die politisch Verantwortlichen dazu zu bringen, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen?“ lautet die Kernfrage quer durch die Arbeitsgruppen. Wir Offenbacher haben bereits einiges erreicht: ein Netzwerk von allen relevanten gesellschaftlichen Kräften, öffentlich wirksame Aktionen und konstruktive Kontakte mit dem Magistrat. Allerdings ist eine effektive Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt noch nicht möglich, und außerdem fehlt eine unabhängige Beratungsstelle. Der sehr hohe Beratungsbedarf wird bisher „ehrenamtlich“ von zwei Mitgliedern des „IGEL“ geleistet.
Köln ist in der Entwicklung von passablen Rahmenbedingungen für die Inklusion schon weiter: Der Initiative Mittendrin ist es gelungen, in Zusammenarbeit mit der Verwaltung einen Aktionsplan mit klaren Ziel- und Zeitvorgaben zu entwickeln (bildung.koeln.de/schule/inklusionsplan). Er wird maßgebend für den Schulentwicklungsplan sein, der unter der Mitwirkung aller Betroffenen entsteht, und damit eine systematische, umfassende Realisierung der Inklusionsaufgabe durch Land NRW und Kommune zur Zielvorgabe macht.
In allen Foren wird klar, dass der tatsächliche Entwicklungsstand der gemeinsamen Bildung und Erziehung Behinderter sich erst im Anfangsstadium befindet und noch viele Jahre und viel Geduld der Basisinitiatoren erfordert. Schließlich stehen einer schnelleren Entwicklung die traditionellen Strukturen des deutschen Bildungswesens ebenso entgegen wie das subjektive Bewusstsein von noch sehr Vielen in der Eltern- und Lehrerschaft wie auch in Verwaltung und Politik. Zweierlei ist daher gefragt und verlangt den ganzen Einsatz der Befürworter: die Aufklärung über die großen Vorteile der Inklusion jetzt und die Aufhebung der Dreigliedrigkeit des Schulwesens im Sinne der Gemeinschaftsschule als Fernziel. Gelingen wird das Bemühen der aktiven Basis aber nur dann, wenn die Inklusion zum konkreten Willen der bildungspolitisch Verantwortlichen wird.